– Ein kleiner Rückblick in die Geschichte –
Wie in allen europäischen Ländern gab es auch in Norwegen seit jeher einen historisch gewachsenen Adel.
Durch die Verfassung vom 17. Mai 1814 wurde dieser jedoch im alten § 108, jetzt § 118 der Verfassung eingeschränkt und am 01.08.1821 faktisch abgeschafft.
Wer schon einen Titel hatte, durfte ihn behalten, es sollten aber keinen neuen Personen oder Titel hinzukommen – somit starb der Adelsstand aus.
Norwegen bekommt einen König
Die norwegische Verfassung wurde von der Französischen Revolution, der Unabhängigkeitserklärung der USA und den Napoleonischen Kriegen inspiriert, also von Ereignissen, die ganz Europa beeinflussten und verändert haben.
(Bild: Eidsvollsbygningen)
Die beiden großen Parteien in der verfassungsgebenden Versammlung in Eidsvoll 1814 waren entweder Anhänger des dänischen Prinzen Christian Friedrich oder des schwedischen Königs Karl XIII., der Norwegen nach der Niederlage Dänemarks übernehmen wollte.

Die Idee, eine Verfassung ganz ohne einen König zu schaffen, stand also gar nicht zur Debatte. Man wollte einen König, aber nicht den Adel – denn der Adel wurde von der Mehrheit als Hindernis für die gesellschaftliche Entwicklung Norwegens angesehen. Und das aus verschiedenen Gründen, zum Teil vor dem Hintergrund des Gleichheitsgedankens, wegen der Machtkämpfe zwischen Adel und König oder weil er als nachteilig für die Landbevölkerung angesehen wurde. Hier kamen Aspekte der Französischen Revolution zum Tragen, wonach nicht die Geburt, sondern die Leistung des Einzelnen über sein Schicksal entscheiden sollte.
So wurde 1814 eine konstitutionelle Form mit Gewaltenteilung, einem König an der Spitze, einer gewählten Vertretung der Bürger, dem Storting und freien Gerichten, die die Einhaltung der Verfassung überwachen sollten, gewählt.
Die Verfassung legt fest, dass Norwegen von einem König regiert wird (konstitutionelle Monarchie). Ein kleiner, aber wichtiger Punkt dabei ist, dass das Storting, das Parlament, dies beschlossen hat. Nicht der König hat sich hier selbst ernannt, er sollte gewählt werden. Solange der König im Storting ist, gibt es übrigens keine Debatten. Ein Beweis für die Unabhängigkeit des Stortings.
Damit wurde die Gewaltenteilung in der Verfassung festgeschrieben.
Für die damalige Zeit war Norwegen somit sehr fortschrittlich, denn ca. 40 % der Bevölkerung erhielten das Wahlrecht.
Ein Rückblick
Norwegen war seit 1380 in einer Personalunion mit Dänemark, es behielt aber eigene, von Dänemark unabhängige Rechte. 1397 kam Schweden hinzu (Kalmarer Union, bis Schweden 1523 wieder unabhängig wurde).
Durch die Pestepidemie von 1348/1350 ging die Zahl der Adligen in Norwegen stark zurück, aber auch die Gesamtbevölkerung wurde um ca. 60 % reduziert. Die Zahl des alten norwegischen Adels ging in der Reformationszeit weiter zurück, bis es fast keinen norwegischen Adel mehr gab.
In der Zeit der Union mit Dänemark von 1380 bis 1814 wurden viele Beamtenstellen mit Dänen besetzt, was sich auch auf die Sprache auswirkte, da Dänisch zur Sprache der Kirche und des königlichen Hofes und damit der Verwaltung wurde.
1671 wurde schließlich ein neuer Hochadel in Dänemark eingeführt.
Während der Napoleonischen Kriege schloss Dänemark 1807 ein Bündnis mit Frankreich.
Da Frankreich am Ende verlor, stand auch Dänemark auf der Verliererseite.
Im Friedensvertrag zwischen Dänemark und Schweden, dem Kieler Frieden (Kielfreden) vom 14. Januar 1814, bei dem auch Russland und England ihren Einfluss geltend machten, wurde vereinbart, dass Norwegen an Schweden abgetreten wurde. Die Interessen Norwegens wurden hierbei aber nicht berücksichtigt.
In Norwegen war der Versuch, die Unabhängigkeit zu erlangen, gescheitert. Eine Vereinigung mit Schweden wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Die Norweger versuchten nun den dänischen Prinzen Christian Friedrich, der seit 1813 dänischer Statthalter in Norwegen war, zum König zu wählen. Mit der Reichsversammlung in Eidvoll, der Verfassung vom 17. Mai 1814 und der Proklamation der Unabhängigkeit versuchten die Norweger dies zu festigen.
Schweden war damit natürlich nicht einverstanden.
Die Unabhängigkeitsbestrebungen sind im Kontext der damaligen Verhältnisse zu sehen. Die Unabhängigkeit der USA, die Französische Revolution, wenn auch mit den Exzessen der Terrorherrschaft (5. Sept. 1793 – 27. Juli 1794) gescheitert, hatte viele neue nationale Impulse freigesetzt. Und wenn auch in Norwegen das Nationalgefühl noch nicht überall vorhanden war, so war man sich doch in der Ablehnung Schwedens mehrheitlich einig.
Der schwedisch-norwegische Krieg im Juli 1814 und der Friedensvertrag vom 14. August 1814 (Konvention von Moss) setzten diesem Bestreben ein Ende. Die schwedische Armee hatte Norwegen angegriffen und nach kurzen Kämpfen besiegt.
Der schwedische König Karl XIII. wurde nun aber dennoch norwegischer König. Als dieser am 5. Februar 1818 verstarb, folgte ihm Jean Baptiste Bernadotte als Karl der XIV. Johann, ein ehemaliger französischer Revolutionsgeneral, den der schwedische König 1810 kinderlos adoptiert hatte.
Dennoch wurde die Verfassung von Schweden akzeptiert und darin festgelegt, dass es keine „persönlichen oder gemischten Erbrechte“1 mehr geben sollte. Damit waren neue Grafschaften oder Baronien verboten.
Der bestehende Adel wurde jedoch nicht abgeschafft, ein zukünftiger Adel jedoch verhindert.
Die Verfassung verbot, „die Gründung neuer Grafschaften, Baronien, Stammhäuser und Fideicommis“, und dass persönliche oder gemischte Erbrechte „niemandem für die Nachwelt gewährt werden dürfen“ (§ 118 (vormals § 108).2
§ 118.
Ingen grevskaper, baronier, stamhus og fideikommisser må for ettertiden opprettes.
Endra med vedtak 27 mai 2014 kunngjort med res. 20 juni 2014 nr. 778, tidlegare § 108. LOVDATA
Die Verfassung war wie gesagt nicht wirklich demokratisch, sie war aber eine der demokratischsten Verfassungen ihrer Zeit in Europa – fast 40 Prozent der Bevölkerung waren wahlberechtigt.
Die Union bestand bis 1905 – zwei Staaten, aber ein Staatsoberhaupt – ein König.
Zurück zum Adel
Nach 1814 versuchte das Storting erneut, den Adel endgültig abzuschaffen. Ein entsprechendes Gesetz wurde verabschiedet, aber der schwedische König verweigerte seine Zustimmung.
Die norwegische Verfassung, die von Schweden akzeptiert wurde, enthielt jedoch den Passus, dass, wenn das Parlament dreimal hintereinander den gleichen Beschluss fasste, dieser Gesetz wurde, auch wenn der (schwedische) König seine Unterschrift verweigerte. Der König hatte also nur ein eingeschränktes Vetorecht.
Vor der dritten Abstimmung im Jahre 1821, man traf sich noch nicht so häufig, drohte der König mit dem Einmarsch von Truppen, um angeblichen „ausländischen Reaktionen“ vorzubeugen, womit eine mögliche Reaktion Russlands gemeint war. Die Drohung war aber in diesem Fall nur ein Bluff des Königs und funktionierte nicht – das Storting stimmte für das Gesetz.
1821 wurden alle Adelstitel und Privilegien gegen den Widerstand des schwedischen Königs endgültig abgeschafft.
Am 7. Juni 1905 wurde die Union mit Schweden vom Storting aufgekündigt und beendet, eine Volksabstimmung am 13. August 1905 bestätigte dies – Norwegen wurde unabhängig.
Vorausgegangen waren hier Streitigkeiten zwischen Norwegen und Schweden über die konsularischen Vertretungen Norwegens im Ausland.
Nach einer Volksabstimmung über den Fortbestand der konstitutionellen Monarchie wurde

Prinz Christian Frederik Carl Georg Valdemar Axel von Dänemark und Island, aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, vom Storting zum norwegischen König gewählt – als Haakon VII.
(Bild: Haakon VII., 1905)
Aber…
Da es nun aber keinen norwegischen Adel mehr gibt, führte dies z.B. dazu, dass König Harald V. neun Jahre auf die Zustimmung seines Vaters König Olav V. zur Heirat mit der bürgerlichen Sonja Haraldsen warten musste.

–1 = ZITAT https://snl.no/adel
–2 = Begriff aus dem Erb- und Nachlassrecht – fideikommiss (snl.no)
Stand 28.01.2023