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Die norwegischen Buchstaben: æ – ø – å

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Ein kleiner Einblick in die Entwicklung der norwegischen Sprache

Sobald man sich mit der norwegischen Sprache auseinandersetzt, stößt man auf die drei besonderen Buchstaben: Æ, Ø und Å.

Anders als im Deutschen, wo das Ä unter Ae aufgeführt wird, findet man die norwegischen, oder auch skandinavischen Buchstaben am Ende des Alphabets (z.B. im Wörterbuch), sie sind eigenständige Buchstaben.

Norwegisch ist eine nordgermanische Sprache und mit dem Schwedischen und Dänischen verwandt.

Das norwegische Alphabet besteht somit aus 29 Buchstaben (26 „lateinische“ und 3 „nordische“) und wird manchmal auch als dänisch-norwegisches Alphabet bezeichnet.

Æ und ø wurden schon im Mittelalter verwendet und beide lassen sich in lateinischen Texten finden. Die Übernahme dieser Buchstaben hängt auch mit der Tatsache zusammen, dass das Norwegische mehr Vokale hat (a – e – i – o – u – y – æ – ø – å), die zusätzlichen Buchstaben wurde in der Schriftsprache benötigt.


Æ ist der 27. Buchstabe des norwegischen Alphabets. Er hat sich aus der Kombination von a und e entwickelt und wurde schon im Mittelalter verwendet.

Æ ist aus mittelalterlichen Ligaturen (Buchstabenverbindungen) in lateinischen Texten entstanden, ae wurde zu æ, vv wurde zu w und oe wurde zu ø.

Die Dänen und Isländer verwenden es heute ebenfalls, in Deutschland und Schweden wird dagegen das ä verwendet.


Ø ist der 28. Buchstabe und wurde aus der oe Kombination entwickelt, ähnlich dem dt. Ö.

Auch dieser Buchstabe war im Mittelalter schon im Gebrauch, (siehe Æ)

Æ und Ø sind somit keine nordischen Erfindungen, sie wurde aus dem Lateinischen übernommen1


Å ist der 29. und letzte Buchstabe des norwegischen Alphabets. Das Å wird als langes o gesprochen und früher als aa geschrieben.

Im Name Haakon wurde der erste Vokal ursprünglich als ein langes a gesprochen, daraus wurde dann ein O. Das Å erschein erstmals im 15. Jahrhundert im Norwegischen. Aufgrund der Verbindung zu Dänemark wurde aber die dänische Schreibweise aa verwendet.

Bei der Rettskrivingsreforma von 1917 wurde aa offiziell in å geändert, Dänemark folgte 1948. Ursprünglich soll der Buchstabe über den dt. Buchdruck nach Schweden gekommen sein.


Zwei Schriftsprachen

Bis 1814 war Norwegen mit Dänemark vereinigt. Nach der Beendigung der Union mit Dänemark wurde unter anderem darüber diskutiert, ob man die Sprache wieder an das Norwegisch des Mittelalters, unter Berücksichtigung der diversen Dialekte, anpassen oder ob man den unverkennbar dänischen Einfluss akzeptieren solle.

1885 wurden schließlich beide Sprachen, das Landsmål (seit 1929 Nynorsk) und das Riksmål (jetzt Bokmål), als gleichberechtigte Schriftsprachen vom Storting anerkannt.

Die Mehrzahl der Norweger verwendet Bokmål (ca. 90%), die restlichen 10% verwendet Nynorsk. Eine nähere Betrachtung der beiden „Sprachen“ würde zu weit führen, so dass ich hier nicht weiter darauf eingehen kann.

Rechtschreibreform von 1917

Ziel der Reform war eine orthografische Angleichung der beiden Sprachen Bokmål (vormals Riksmål) und Nynorsk (vormals Landsmål).

Außerdem wurde z.B. der Doppelkonsonant nach einem kurzen Vokal eingeführt (topp statt top, takk statt tak).

Eine weitere Änderung war die Einführung des Å anstelle des AA.

Der Reform von 1917 gingen verschiedene Reformen voran, viele folgten.

Andere Reformen erfolgten 1901, 1907, 1938, 1941, 1959, 1981 und 2012.

1862 wurde die Norvagisering eingeführt. Erstmals wurden Wörter der norwegischen Sprache angepasst – dies geschieht bis heute. So wurde der chauffeur zum sjåfør.

Damals wurde auch ph durch f und c, ch und q wurde durch k ersetzt, und aus technik/technique wurde teknik, später teknikk.

Neben der offiziellen Schreibweise in den Lehrbüchern gab es noch die sideform, die „Nebenformen“ bei einigen Wörtern. Diese wurden in den Wörterbüchern in eckigen Klammern aufgeführt und entsprachen nicht der offiziellen Schreibweise, waren aber trotzdem im Gebrauch – was, nebenbei die ganze Sache nicht übersichtlicher macht.

2005 wurde dann die Gleichstellung der Endungen -a und -en eingeführt. Man konnte fortan zwischen bygda und bygden wählen.

Samnorsk

1906 kam die Idee einer kompletten Verbindung von Nynorsk und Bokmål ins Gespräch. Durch regelmäßige Rechtsschreibreformen sollten beide Sprachen zusammengeführt werden.

Die Bokmål-Reform von 1981 ging aber in eine andere Richtung und 2002 wurde die Idee schließlich ganz verworfen.

Dies ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass es in Norwegen immer noch diverse „lebendige“, also im Alltag gesprochene Dialekte gibt, die dem Nynorsk nahestehen, hinzu kommt eine sprachliche Trennung in ländliche und urbane Regionen.

Da ließ sich eine von oben diktierte gemeinsame Sprache nicht durchsetzen.

Somit wird deutlich, dass es auch weiterhin notwendig ist, die beiden Sprachen anzugleichen, dabei Eigenheiten zu behalten, aber auch der alltäglichen sprachlichen Entwicklung zu folgen.

Språkrådet – Der Sprachrat

Bei all den Änderungen und Entwicklungen des Norwegischen ist zu berücksichtigen, dass die beiden „Sprachen“ Bokmål und Nynorsk parallel existieren. Daher ergab sich früh die Notwendigkeit für die Schüler, den öffentlichen Dienst, die Kirche oder die Literatur allgemeine Standards und Vereinheitlichungen in der Schriftsprache zu entwickeln.

Diese Aufgabe übernimmt der Språkråd, ein staatliches Gremium, das beim Kultusministerium angesiedelt ist und, inkl. der Vorgängerinstitutionen, seit 1952 existiert.

Zu seinen Aufgaben gehört es z.B. auch, sich mit neuen Wörtern aus dem Englischen zu beschäftigen.

Ein Wort für Tablet gab es natürlich nicht in der norwegischen Sprache und so stand man vor der Frage, ob es als Anglizismus übernommen werden sollte oder es eine norwegische „Alternative“ gibt.

In diesem Fall wurde 2011 eine Ausschreibung mit Preisvergabe veranstaltet und das Wort nettbrett [Netz + Brett] hat gewonnen.

Ein, wie ich finde, viel schöneres Wort.

Andere Beispiele

chatnettprat
e-commercenetthandel
memory-stickminnepinne [Speicher/erinnern + Stab]
cloudnettsky
touch screentryggskjerm

Es muss nicht immer englisch sein.

Die norwegische Sprache verfügt über ausreichend Worte, um etwas zu beschreiben.

Eine Auflistung weiterer geänderter englischer Worte des Språkråd findet sich hier!

„Norsk når du kan, engelsk når du må“

fra Språkrådet

Die Vorschläge des Språkråds müssen sich aber nicht automatisch im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen, häufig erfolgt aber eine Übernahme, vor allem wenn die Worte einen rhythmischen Klang, Kürze und eine gute Assoziation besitzen und dem allgemeinen Sprachempfinden entsprechen.

Die Entwicklung ist bis heute nicht abgeschlossen.

So musste er sich auch mit dem Wort hen beschäftigen, dem persönlichen, geschlechtsneutralen Pronomen, neben han und hun. Im allgemeinen Sprachgebrauch fand es schon Verwendung und so wurde es am 16. Juni 2022 offiziell eingeführt.

Siehe auch: Wer ist hen? im Norwegen-Journal.

Jede Sprache entwickelt sich weiter und in die Alltagssprache hatte das hen schon Einzug gehalten. Da war es dann irgendwann nur konsequent, dies auch offiziell anzuerkennen.


Und dann gibt es noch die diakritischen Zeichen

Diakritische Zeichen sind Zeichen, die an, über oder unter einem anderen Buchstaben angebracht werden. Dies können Punkte (ü – norw. tødler), Striche è/é, Häkchen oder Bögen (ç, š) sein. Es handelt sich dann aber nicht um eigenständige Buchstaben!

Der Strich über dem é wird dann als Akzent (oder Akzentzeichen) verwendet und betont den bezeichneten Buchstaben:

idé – ideen – ideer – ideene (bokmål) = die Idee. Erlaubt sind aber beide Schreibformen: idé und ide.

Bei trasé (die Trasse) und trase (der Fetzen) wird es ohne den passenden Kontext schwieriger, wenn das Akzentzeichen nicht benutzt wird.

Ein Akzentzeichen kann auch im Nynorsk vorkommen:

infinitivpresenspreteritumpresens perfektum
å fare / å fara fer fór / forhar fare
ordbokene.no Bokmålsordboka. Språkrådet og Universitetet i Bergen. (hentet 13.11.2022)

Im Bokmål wird nur for verwendet.

Språkråd: „Det er ingen dårleg idé å følgje denne regelen…“

Das Akzentzeichen kann aber auch zur besonderen Betonung verwendet werden:

„Én fugl i hånden er bedre enn ti på taket“ (Ein Vogel in der Hand ist besser als zehn auf dem Dach).


Das Ü im Norwegischen

Das Ü in Straßennamen und Plätzen kommt von den mehr oder weniger bekannten Persönlichkeiten aus der Geschichte, deren Name hier übernommen wurden.

In Oslo gibt es ein Stadtteil/Viertel mit dem Namen Grünerløkka. Das Wort Grüner bezieht sich auf Friedrich Grüner (1628 – 1674). Er war der Sohn des deutschen Peter Grüner. Friedrich kaufte 1672 die Grundstücke, die jetzt ungefähr dem Stadtteil entsprechen.

Die Glückstads gate hat ihren Namen von der Familie Glückstad und der Bülow-Hansen plass bezieht sich auf Victor Bülow-Hansen, einen norwegischen Arzt.



In diesem Zusammenhang sehr zu empfehlen: STORE NORSKE LEKSIKON

Und Wikipedia: Mittelhochdeutsche SpracheÆØÅ

NRK zum Thema: Språkrådet fornorsker dataspråket

Språkråd und Zeichen in der norwegischen Sprache (13.11.22)


Stand: 11.2022

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